Bei Bedarf sind zurück! Halt! Sie waren ja nie weg!
Also nochmal von vorn: Die Berliner von Bei Bedarf melden sich 2023 mit ihrem zweiten Longplayer 10 Jahre in 30 Minuten zurück.
Die elf Songs der Platte haben nur ein Ziel: Gut nach vorne gehen! Nach über 250 gespielten Konzerte quer durch die Republik gibt es kein Ausruhen auf alten Beständen! Mit unzähligen Eindrücken vom Touren ging es immer mal wieder in den Proberaum, jedoch ohne die notwendige Zeit, ein komplettes Album einzutüten. Wie bei so vielen Bands boten die Lockdowns dann viel Zeit für das Basteln an Ideen, sonst war ja alles dicht. So kam es, dass jedes Bandmitglied für sich Song-Ideen am Rechner einspielte, den anderen vorstellte und nach und nach die Songs zusammengebastelt wurden. Eine bis dato für die vier Berliner ungewohnte Art Musik zu machen. Am Ende wurden die 11 neuen Songs fix mit zwei Kumpels im Coffee Club in Berlin feingeschliffen und eingetütet.
Der Opener Wahnsinn zieht das Tempo Bei Bedarf typisch direkt hoch und widmet sich den sprichwörtlich wahnsinnigen Vorgängen einer globalisierten kapitalistischen Welt, mit all ihren negativen Aspekten, der ständigen Suche nach Gewinn und Expansion, auf Kosten der Menschen im globalen Süden.
Keine Zweifel gibt es beim zweiten Titel der Platte: Es gibt ordentlich auf die Zwölf, in bester Punk Manier. Gesungen wird übers Durchhalten und weiter machen, trotz widriger gesellschaftlicher Umstände. Eine echte Durchhalte-Mitgröl-Nummer!
Etwas selbstkritischer und langsamer als bei der Nummer davor geht es mit Chemiebaukasten weiter. Beschrieben wird das Nach-Hause kommen, das sich elend fühlen nach durchzechten Nächten. Wieder und wieder die kurze Flucht kopfüber in den Abend: Am Ende bleibt nur der pochende Kopfschmerz, die Katerstimmung im kalten Erwachen im Hier und Jetzt. Der Wille etwas am Konsumverhalten zu ändern klingt durch und wird doch wieder stetig bezwungen von der Beschissenheit der Dinge.
Ganz entspannt gehts rein in die Kleingarten-Idylle, welche sich beim näheren Blick als gar nicht so idyllisch entpuppt. Es geht, um die ewige Suche nach einem Grund zu jammern, dem Misstrauen gegen alles Unbekannte, dem Ewiggestrigen Früher war alles besser, der Suche nach einem Schuldigen dafür, dass Otto-Normal sich und seinen V12 nicht mehr für 50 Pfennig den Liter volltanken kann.
Konflikt zu Profit, ohne sich selbst die Finger schmutzig zu machen. Das ist das Perfekte Verbrechen. Hochrüsten nach dem Motto der NRA: „The only way to stop a bad guy with a gun is a good guy with a gun“. Das die Politik hierbei fleißig mitmischt, hatte schon immer einen mehr als faden Beigeschmack.
Die A-Seite endet mit Generation Amok, einem Song über Ich-Zentrierte Egomanen, die ihr eigenes Vergnügen und Konsum über alles stellen und jede doch so notwendige Veränderung einfach ablehnen. Schließlich geht diese Veränderung mit perfiden Eingriffen in die empfundene Freiheit einher.
Den rasanten Auftakt der B-Seite bildet Berlin. Eine Bestandsaufnahme der Kollision der Welten in einer Stadt, deren Einzigartigkeit ihr mehr und mehr selbst die Luft abschnürt. „Für das neue B im Pass zahlste heute dreifach Keule!“
Genug von Gentrifizierung und Ausverkauf. Das Entertainment schlägt eine für Bei Bedarf neue Richtung ein und holt dich zurück in die behagliche Belanglosigkeit des Bildschirms. Keine Fragezeichen, an denen man sich stößt, Kopf aus und Flimmerkiste an, bis die Quadrataugen brennen.
Runter von der Couch und rein in den Tourbus. Das Leben oder Überleben auf Tour hängt von verschiedenen Faktoren ab: Gute Stimmung, Tatendrang und eine ordentliche Portion naiver Leichtsinn: „Wird schon allet jut werden, wa?!“ Damit sich dann nicht alle am Ende einer Tour die Köpfe einschlagen, muss das Drumherum stimmen. Es sollte immer jemanden geben, der die Bagage bei Laune hält, das eine oder andere Küsschen und Sekt verteilt, damit im entscheidenden Moment alle ihre 90 Minuten Tourlaub genießen können.
50 Meilen - Die Bedeutungslosigkeit des Seins, wenn Mensch beim X-ten Bier in der Eckkneipe dir davon erzählt, dass morgen alles anders wird. Nicht mehr so verkrampft im Kopf und alles zerdenken, sondern raus in die Welt und machen. Doch am Ende bleibt es bei großspurigen Ankündigungen. Wann haben wir zu schwimmen verlernt?
Der einzige Akustik-Song des Albums thematisiert das ständige Rauschen im Kopf, all die Eindrücke, die im Alltäglichen überfordern und uns von den eigentlich wichtigen Dingen im Leben abhalten. Ein Gedankenmessi im klassischen Sinne. Mensch stolpert von Schicht zu Schicht, ohne zu wissen, wo das am Ende hinführt. Wenn’s dann mal knallt, ist eh alles zu spät
Bereits am 05. Mai erscheint mit Keine Zweifel die erste Single, mit Generation Amok erscheint dann am 09. Juni eine zweite Single.
Tracklist:
1. Wahnsinn
2. Keine Zweifel
3. Chemiebaukasten
4. Kleingarten-Idylle
5. Das perfekte Verbrechen
6. Generation Amok
7. Berlin
8. Das Entertainment
9. Tourlaub
10. 50 Meilen
11. Gedankenmessi